Nun ist es Anfang April 2023. Die Temperaturen sind alles andere als frühlingshaft, wir steuern auf die 30 Grad zu. Allerdings befinden wir uns nun auch im heißesten Teil Andalusiens, etwas östlich von Sevilla, welcher auch „La Sartén“, die Bratpfanne, genannt wird.
Ostern steht kurz bevor! Bereits in den letzten Wochen haben wir in allen Ortschaften, die wir erkundeten, egal ob klein oder groß, die Plakate für die Semana Santa gesehen – die „Heilige Woche“, so wird in Spanien die Karwoche genannt. Von Palmsonntag bis Ostersonntag finden täglich ein bis mehrere aufwendige Prozessionen statt und das in offenbar fast jedem Ort Andalusiens. Ostern hat in Spanien höhere Priorität als Weihnachten!
Die Prozessionen werden jeweils von immer anderen Bruderschaften ausgerichtet. Der Ablauf ist stets ähnlich: Die Prozessionsteilnehmer, genannt nazarenos – zu deutsch „Büßer“ – tragen lange Gewänder, je nach Bruderschaft in unterschiedlichen Farben. Auffallend ist hier besonders die spitz zulaufende, hoch aufragende kapuzenartige Kopfbedeckung, die auch noch maskengleich über das Gesicht reicht. Nur für die Augen gibt es Löcher, ansonsten bedeckt der Stoff das ganze Gesicht. Der Kukluxclan schaute sich diese Gewänder ab, die in Spanien schon traditionell seit dem 16. Jahrhundert so verwendet werden.
Die Prozessionen sollen den Kreuzweg Jesus Christus nachstellen. Hierfür werden bei jeder Prozession andere, aufwendig geschnitzte, lebensgroße menschliche Figuren und auch Figurenensembles von vielen jungen Männern getragen. Dazu spielt Blasmusik. Meist wird die Stimmung als „düster“ beschrieben. Dementsprechend gespannt und mit gemischten Gefühlen sahen wir der Semana Santa entgegen.
Aber natürlich wollen wir diese auch in Auszügen erleben, nachdem wir ja zeitlich sehr passend gerade in Spanien sind, noch dazu im sehr traditionsreichen Andalusien.
Wir entscheiden uns für die Feierlichkeiten in der Kleinstadt Carmona zu sein, die darüber hinaus auch eine sehr hübsche sehenswerte Altstadt hat und eine der ältesten Orte in ganz Andalusien ist.
Ganz lukrativ können wir vor dem Römischen Tor, dem Tor zur Altstadt, parken und auch hier übernachten. Dazu genießen wir den weiten Blick über die angrenzende Ebene, in der das Getreide schon golden steht, denn die Stadt liegt auf einem Hochplateau. Letztendlich bleiben wir hier von Karfreitag, dem wichtigsten Feiertag der Karwoche, bis Ostersonntag und erleben vier Prozessionen mit. Die Stimmung erscheint uns eher feierlich als düster und das ganze Spektakel ist schon wirklich sehr eindrucksvoll und sehenswert!
Taucht ein in diese besonderen Feierlichkeiten und die Schönheiten Carmonas mit einem Klick auf die folgende Galerie:
Inmitten der Stadt gibt es auch noch eine antike Stätte, die wir nach Ostern besuchen. Carmona war bereits seit vorgeschichtlicher Zeit durchgehend besiedelt und auch die Römer haben hier ihre Spuren hinterlassen: Es gibt eine Nekropole, eine Totenstadt aus Römerzeiten, zu besuchen! Zwischen dem 1. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. wurden unzählige Grabkammern in das Gestein getrieben. Meist erreicht man diese nur durch Treppen, die einige Meter bergab in den felsigen Erdboden führen. Immer wieder sind auch heute noch (restaurierte) Malereien an den Wänden zu sehen und es gibt spannende Details, wie zum Beispiel ein Loch in der Decke, durch das damals an besonderen Tagen das Familienoberhaupt Wein in das Grab hat fließen lassen, sozusagen als Opfergabe für den Bestatteten.
Auch gibt es zwei riesige Kammern, die schon fast die Ausmaße von Hallen annehmen. Hier gibt es keine Decken mehr und entweder von oben oder auch inmitten der Halle stehend, können wir uns in Ruhe umsehen. Damals gab es hier auch nach den Bestattungen regelrechte große Feierlichkeiten und sogar auch politische Treffen. Mit Säulen, Kuppeln, Gärten und Verzierungen wurde der hohe gesellschaftliche Status der jeweiligen Familie verdeutlicht. Brunnen und Liegen, auf denen gespeist wurde, rundeten das Ganze ab.
Gegenüber der Nekropole befand sich damals übrigens das Theater, in dem auch Tierkämpfe stattfanden. Auch das Theater ist in weiten Teilen ausgegraben worden, allerdings ist es nur aus einigem Abstand zu betrachten.
Klickt auf die folgende Galerie, um mit uns die Nekropole zu besichtigen:
Nun freuen wir uns schon sehr auf Sevilla!
Dies ist die Hauptstadt Andalusiens und die viergrößte Stadt Spaniens. Ihre ganz besondere Altstadt ist sogar die größte Spaniens und zählt daneben auch zu den größten in ganz Europa.
Sevillas Ruf der „Schönen Stadt“ eilt ihr voraus. Und sie trägt diesen völlig zurecht, wie wir sehen werden!
Trotz der Größe der Stadt lassen sich die unterschiedlichen Stadtteile sehr gut per Rad erkunden, es sind an den Straßen stets Radwege vorhanden.
Wir haben das Glück, einen sehr zentralen und zugleich recht ruhigen Parkplatz zu finden, an dem wir gleich ein paar Nächte bleiben werden. Und unsere Klappräder freuen sich, dass auch sie mal wieder an die frische Luft dürfen!
Direkt vor unserem Stellplatz liegt der wunderschöne große Park Maria-Luisa, dessen Historie auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Entsprechend alt und groß sind hier die unterschiedlichsten Bäume und verschiedenen Palmenarten, die wohltuenden Schatten spenden. Die Luft ist erfüllt vom Gezwitscher der grünen Papageien, die in den Wipfeln leben. Sie jedoch mit dem bloßen Auge zu entdecken scheint fast unmöglich, allenfalls im Flug kann man mal einen Blick auf sie erhaschen.
Teils tropisch anmutende Pflanzen mit den buntesten Blüten wachsen aus dem Erdboden, dazwischen stehen bunte mosaikverzierte Bänke, auf denen wir es uns gerne erstmal bequem machen. Auch gibt es mehrere Teiche und Pavillons und natürlich darf auch hier das kostenlose Trinkwasser aus kleinen Brunnen nicht fehlen, dass es in ganz Spanien gibt – welch Lebensqualität!
In diese grüne Lunge der Stadt tauchen wir immer wieder gerne ein zwischen unseren Stadterkundungen. Nun hat es tagsüber bereits mehr als 30 Grad und nachts sinken die Temperaturen auch nur auf 24 Grad. Der reine Hochsommer…
Unweit des Parks befindet sich eine der größten Sehenswürdigkeiten der Stadt: Die „Plaza de España“! Wunderschön, riesig, halbrund und mit etlichen Verzierungen in verschiedenen Formen und Farben. Jeden Tag bis nach Sonnenuntergang finden hier während unseres Besuchs außerdem öffentliche Flameco-Vorführungen statt. Ein Tanz? Eine Kunst! Eine Kunst, die gefangen nimmt und die Zeit vergessen lässt. Leidenschaft, Grazie, Emotionen – all das und mehr drücken die Tänzerinnen mit großer Intensität aus, während ihre Crew sie ausdauernd mit Gesang und Gitarrenmusik begleitet. Sehr gerne geben wir Mal für Mal wieder etwas in die Schale, die nach den Stücken herumgereicht wird.
Springt mit uns ins Bild mit einem Klick auf die folgende Galerie:
Außerdem ist Sevilla bekannt für seine schönen Bauwerke: Die spektakuläre Kathedrale Maria de la Sede aus dem 15. und 16. Jahrhundert mit ihrer „Giralda“, dem 97 Meter hohen viereckigen Glockenturm. Außerdem gibt es wieder einen Alcazar – eine ehemals maurische Festung -, den Torre del Oro – der Goldturm am Flussufer des Guadalquivir -, die prächtige Universität, die einst eine riesige Zigarrenfabrik war. Und vieles vieles mehr, ganz abgesehen von den etlichen hübschen Wohn- und Prachthäusern, die sich in der ganzen Altstadt und auch in anderen Vierteln noch finden. Wir können uns kaum sattsehen und genießen diese Tage in vollen Zügen.
Sevilla wird uns immer als besonders sehenswert in Erinnerung bleiben!
Schlendert durch Sevilla in der folgenden Galerie:
Nur zehn Kilometer hinter der Stadt gibt es wieder eine spannende Ausgrabungsstätte. Italica, so hieß einst diese römische Stadt. Ihre Besiedlung dauerte über 900 Jahre lang an, von dem 2. Jahrhundert v. Chr. bis ins 8. Jahrhundert n. Chr. .
Heute sind von ihr vor allem ein sehr eindrucksvolles Amphitheater übriggeblieben, welches das drittgrößte römische seiner Art ist, und etliche farbenfrohe und aufwendige Bodenmosaike aus ehemaligen wohlhabenden Häusern. Solch gut erhaltene und prächtige Mosaike, welche eine so lange Zeit überdauert haben, lassen uns ganz besonders staunen.
Einen Eindruck Italicas vermittelt die folgende Galerie:
Nun wollen wir uns ein paar Tage lang einmal von all den Eindrücken und Aktivitäten erholen und die sommerlichen Temperaturen genießen. Hierzu finden wir ganz unverhofft einen naturnahen Stausee, der sogar wirklich „normal viel“ Wasser führt. So etwas haben wir im trockenen Andalusien bislang leider noch nicht finden können!
Wir spannen die Hängematte auf, genießen allabendlich ein Bad im herrlichen See (es ist noch immer April!) und lauschen jede Nacht der Nachtigall, die genau über uns ihr Liebeslied singt.
Nach dieser wunderbar entspannten Urlaubswoche machen wir noch einen Abstecher weiter ins Landesinnere hinein: Wir besuchen die „Minas de Riotinto“, ein ehemaliges Erzabbaugebiet. Genutzt wurde es im großen Stil erst ab dem Ende des 18. Jahrhunderts, hundert Jahre später wurden dann zwei Eisenbahnlinien gebaut, die die Erze eine sehr weite Strecke bis an den Atlantikhaven von Huelva beförderten. Eine historisch bewegte Vergangenheit befindet sich in dem heute stillgelegten Minengebiet, das nichts mehr von den einstigen katastrophalen Arbeitsbedingungen verrät, dafür aber die Spuren, die der intensive Abbau in der Landschaft hinterlassen hat, für immer behalten wird. Es ist eine interessante Erfahrung, hier zu sein und mit einer der alten Eisenbahnen von damals über das Gelände wortwörtich zu rumpeln. 😉
Anschließend fahren wir noch zu dem Ort, wo auch heute noch Erzabbau betrieben wird.
Auch hier: Kein schöner Anblick fürs Auge, aber zu wissen, was für ein Aufwand und welche Spuren hinter dem Abbau von Rohstoffen für Autos & Co. stecken, ist trotzdem sinnvoll.
Nach diesem Besuch freuen wir uns umso mehr auf unser letztes Andalusien-Highlight, das die Natur uns bieten wird. Wir besuchen den riesigen Nationalpark „Parque Nacional de Doñana“. Auch hier bedroht der Mensch massiv das sensible und auch international sehr wichtige Ökosystem durch intensive Landwirtschaft für Erdbeeren & Co., welche auch in deutschen Supermärkten verkauft werden. Der Nationalpark, der einst Spaniens wichtigtes Feuchtgebiet war, trocknete im Jahr 2022 durch illegalen Wasserraub vollständig aus.
Hier zeigt sich wieder: Regional, saisonal und bewusst einzukaufen, ist für den globalen Naturschutz und somit die Gesundheit unserer Erde unerlässlich!
Bei unserem Besuch führen die Feuchtgebiete im Nationalpark Gott sei Dank wieder Wasser und wir dürfen etliche Vogelarten hier beobachten, die uns zum Teil noch ganz unbekannt waren.
Der Naturpark Doñana ist für unzählige Zugvogelarten ein unersetzliches Überwinterungsquartier, darüber hinaus leben und brüten dort auch andere seltene Vogelarten.
Auch der Iberische Luchs hat hier nach großen Anstrengungen des spanischen Tierschutzes seine zweitgrößte Population in den weitläufigen Sanddünen des Parks.
Bestaunt die vielfältige Tierwelt Doñanas mit uns in der folgenden Galerie:
Unsere erlebnisreichen und sehr schönen 2,5 Monate Andalusien lassen wir mit einer Woche am Strand ausklingen, gleich am Rande des riesigen Nationalparks Doñanas, dessen Sanddünen hier sogar bis ans Meer heranreichen.
Bei den weiterhin hochsommerlichen Temperaturen lässt sich sogar jetzt schon, Ende April, ein schnelles Bad in den Wogen des Atlantiks genießen!
Freut euch mit uns auf Portugal!
Unser 11. Reiseland ist nun fast schon „zum Greifen nah“ 🙂
Weltenleben.de Grüße
Sophia und Chris
Liebe Welten-Erlebende! Herzlichen Dank für diesen wieder großartigen Text- und Bildbeitrag! So vielseitig und wieder mit ansteckender Freude gestaltet! Besonders toll fand ich, wie ihr die Flamenco-Tänzerinnen in den Fotos eingefangen habt, und die tollen, exotischen Tieraufnahmen am Ende! 🙂 Ich finde auch super, wie gut ihr Bildungsarbeit mit einbaut: Ich lerne immer wieder gerne mit euch anhand von antiken Ausgrabungsstätten – und bin dann froh, nicht im Zeitalter der Gladiatorenkämpfe zu leben.^^ Und die Einblicke in den Bergbau fand ich auch wertvoll! Ebenso wie die Infos zu Spaniens Wasserhaushalt.
Liebe Grüße und bis bald, eure Leni
Liebe Leni,
lieben Dank für deinen tollen Kommentar!
Das freut uns sehr, dass du so viel aus unseren Beiträgen ziehen kannst – Genuss und Freude, Lernen und Staunen. So geht es uns auch immer wieder beim Reisen und Beiträge schreiben 🙂
Liebe Grüße
Sophia und Chris