Vom Abschied nehmen und Dankbar sein

Vom Sterben, Tod und Trauern zu erzählen passt nie gut. Jedenfalls nicht in einer Gesellschaft wie unserer.

Und was man natürlich am wenigstens möchte, ist, dass diese Themen mit so etwas Schönem und Aufregendem wie dem Beginn eines neuen Lebensabschnitts und der damit verbundenen Hoffnung und Freude verknüpft sind.

Aber beim Beginn unserer Reise ist es leider so gewesen und bekommt nun hier einen kleinen Platz eingeräumt. Der Kreislauf des Lebens besteht aus Geburt und Tod, Anfang und Ende, immer wieder von Neuem. Dies von Herzen anzunehmen, mag vielleicht eine der Hauptlernaufgaben unseres Daseins sein…

Fast schon parallel zum Starten der Reise wurde deutlich, dass unser Hund Nikos auf seinen Lebensabend zugeht. Allein angesichts seines Alters von über 14 Jahren mochte dies nicht allzu überraschend sein, allerdings waren bei ihm zu diesem Zeitpunkt bis wenige Wochen zuvor kaum Alterserscheinungen zu bemerken. Umso überraschender und – für mich – schmerzhafter war es zu sehen, wie er schließlich in einem rasend schnellen Tempo beinahe schon fast täglich mehr an Energie, Kraft und scheinbar auch Lebenslust verlor.

Die Tatsache, dass Nikos selbst seine Veränderungen anscheinend mit großem Gleichmut und Ruhe hinnahm und offenbar akzeptierte, machte es mir und uns emotional etwas leichter, ihn auf seinem letzten Weg zu begleiten.

Wie wohl die meisten Tiere – wenn denn der Mensch es zulässt (?) – wusste Nikos offenbar, was er auf seinem letzten Weg zu tun hatte, damit der Abschied so leicht wie möglich gestaltet werden konnte.

Wie begleitet man jemanden, ein geliebtes Wesen, auf seinem letzten Weg, das einen fast durch das halbe eigene Menschenleben begleitet hat, durch alle Höhen und alle Tiefen, durch die eigene Jugendzeit bis hin zum Erwachsenenalter, mit allen Selbstständigkeitsprozessen, die so dazugehören?

Ein Begleiter, der immer voller Lebensfreude, Liebe, Dankbarkeit für jede Zuwendung, Freundlichkeit für jeden Menschen, Freude und Neugier war – außer, wenn es donnerte 😉 – und stets mit Trost und Nähe da war, wenn diese benötigt wurden?

Auf jeden Fall ebenfalls mit sehr viel Liebe, Dankbarkeit, Achtsamkeit und Zuwendung. Und natürlich auch Traurigkeit und Abschiedsschmerz, diese sind wohl trotz aller versuchten Hinnahme des Lebenskreislaufes unvermeidlich bei so einem „Lebewohl“.

Und eines Tages war es dann so weit.

Nikos hatte sich in seinem eigenen Tempo, ganz selbstbestimmt und endgültig verabschiedet. Und wir mussten dies zwangsläufig auch von ihm tun.

Er hat einen wunderbaren letzten Platz bekommen, an dem es ihm auch zu Lebzeiten sehr gut gefallen hätte.

Und wir, wir nehmen unzählige bunte, schöne, lustige und freudvolle Erinnerungen an ihn mit auf Weiterreise. Und ganz viel Dankbarkeit, dass wir vom für uns besten Hund der Welt so lange begleitet worden sind.

Wir wollen Nikos Lebensfreude und Lebenslust im Herzen bewahren und weiterleben.

Und sind einfach nur froh und dankbar, über dieses Geschenk „Leben“.

 

Anbei eine kleine Gallerie als Hommage an unseren Begleiter, welche sich durch Klick auf das Bild öffnen lässt.

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

8 Kommentare

  1. Liebe Sophia,
    ach wie traurig……
    Tiere sind doch so besondere Lebensgefährten, die uns in der Seele und unserem Herzen berühren. Und der Tod eines geliebten Wesens bringt uns doch auch in unsere eigenen Seelentiefen, es sind dann ganz besondere Stunden. Das kann man sehr in deinen Worten vernehmen.
    Mit dem Tod eines lieben Tieres verliert man vieles, niemals aber die gemeinsam verbrachte schöne Zeit.

    Ich möchte gerne zwei Gedichte mit dir teilen.

    Je schöner und voller die Erinnerung,
    desto schwerer die Trennung.
    Aber die Dankbarkeit
    verwandelt die Qual der Erinnerung
    in eine stille Freude.
    Man trägt das vergangene Schöne
    nicht wie einen Stachel,
    sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
    Dietrich Bonhoeffer

    Oft frage ich mich, wo verborgen liegen
    des Erkennens Grenzen zwischen Mensch und Tier,
    dessen Herz keine gesprochene Sprache kennt.
    Durch welches Ur-paradies lief an einem fernen Schöpfungsmorgen
    der schlichte Pfad, auf dem sich ihre Herzen trafen?
    Jene oft getretenen Spuren sind noch nicht verwischt,
    wenn auch ihre Verwandschaft vergessen ist.
    Doch plötzlich zu irgeneiner wortlosen Musik erwacht
    das dunkle Erinnern und das Tier blickt in des Menschen
    Antlitz mit zärtlichem Vertrauen,
    und der Mensch schaut nieder in seine Augen
    mit sinnender Zuneigung.
    Es ist, als ob die beiden Freunde sich in Masken treffen
    und einander unter der Verkleidung leise ahnen.

    Rabindranath Tagore

    Ich wünsche dir eine seelentiefe und verwunschene Zeit des Abschiednehmens……
    Alles Liebe

    • Liebe Angelika,
      ganz herzlichen Dank für deine innige Anteilnahme! Und die beiden wunderschönen Gedichte – so sehr passende und berührende Worte.

      Vielen Dank!

  2. Eine sehr schöne, gefühlvolle Hommage an den Nikos! Schön, dass ihr ihm auch hier im Blog einen “öffentlichen” Platz auf eurer Reise eingeräumt habt! Alles Liebe!

  3. Liebe Sophia,
    durch Christoph hatte ich schon gehört, als Nikos schwächer wurde und sich andeutete, dass er neben der Reise mit Euch sich auf eine eigene Reise aufgemacht hatte.
    Ich bin beim Lesen Deines Rückblicks sehr berührt und fühle mit Dir und Euch mit – den Verlust, aber auch die Dankbarkeit und die Freude.
    Ich empfinde im Moment – angeregt durch Euer Abschiednehmen – dass wir uns ja alle schon auf dieser Reise befinden – auch wenn der Übergang in andere Welten (?) ja noch viele Jahre entfernt liegen mag. Immer, wenn in meinem Umfeld jemand stirbt, nehme ich es als Anlass, das Sterben mehr in mein Bewusstsein zu nehmen.
    Ich finde dabei folgenden Gedanken hilfreich:

    Der Tod ist der Horizont unseres Lebens, aber der Horizont ist nichts anderes, als das Ende unserer Sicht.

    Oder ein anderer Gedanke:
    Jeder Abschied ist ein kleiner Tod, aber jeder Tod ein großer Abschied. (Alphonse Allais)

    Ja, ich glaube, eigentlich können wir im Leben viele Gelegenheiten finden, uns mit kleinen und großen Abschieden zu befassen, uns darauf einzulassen und damit vertraut zu werden – damit wir, wie Nikos, ganz selbverständlich und gleichmütig Sterben und Tod akzeptieren und gelassen damit umgehen.
    Ich finde es sehr tröstlich und auch Mut machend, wie Du sein Sterben beschreibst.

    Mit fällt auch noch das Gedicht “Stufen” von Hermann Hesse ein:

    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
    Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

    Vielen Dank für Deinen lieben und sehr persönlichen Bericht, ich gehe in meinem Tun heute etwas nachdenklicher weiter …
    Euch eine gute, helle, bunte Zeit und liebe Grüße,
    Ursula

    • Liebe Ursula,
      herzlichen Dank für deine Anteilnahme, deine ebenfalls sehr persönlichen Gedanken und die zum Nachklingen anregenden Zitate!

      Liebe Grüße
      Sophia

  4. Liebe Sophia,
    ich bin sehr berührt von Deinen Worten zum Abschied von Nikos, dessen “Immer-weniger-werden” ich bis zu Eurer Abreise ja auch bereits selber miterleben konnte. Es tut gut, dass Du Deine so schlichte und zugleich tiefsinnige Einstellung zum Leben und Sterben – letztlich auch von uns menschlichen Zweibeinern mit seitlich herunter hängenden Vorderläufen – mit uns teilst. Herzlichen Dank dafür !
    Als Zugabe fällt mir zum Thema das auch Dir vermutlich bekannte, wunderschöne Gedicht ein. Ich wünsche Euch eine gute Weiterreise im Wissen um unser aller Verbundenheit, ob einander nah oder fern, auch über das Zurücklassen unseres körperlichen Reisemobils am Ende unseres Lebens hinaus !
    :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

    Stufen

    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
    Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

    Hermann Hesse

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert