“Caution, bear in area!”

Wir stehen mitten im Wald. Im Bärenwald – „POZOR“, Achtung, warnen hier Schilder.

Und diese sind wohl nicht dazu da, unwillkommene Wildcamper wie uns abzuschrecken 😉

Wenn die Gastwirtin des Bauernhofcamps einem stolz ihren ausgestopften 160kg-Bären zeigt – „my son shot it two years ago, just one kilometer from here!“ –, mitten um eine Waldlichtung herum Knochen und Schädelteile, von Wildschweinen und wer weiß noch was für gerissenen Tieren liegen, und bei einem anderen Waldweg ein deutlicher Tatzenabdruck im matschigen Boden zu sehen ist, dann ist man tatsächlich in einem Land, in dem Bären und andere große Raubtiere leben!

In Slowenien leben in vorrangig zwei bestimmten Gebieten außer Braunbären auch noch Wölfe und Luchse.

Wölfe und Luchse waren hierzulande auch quasi ausgerottet, zwischen Bär und Mensch war aber anscheinend immer ein einigermaßenes Auskommen möglich gewesen. Aktuell leben hier wohl um die 1000 Stück dieser Tiere.

Und in einem dieser Wildtiergebiete, Notranjska, sind wir nun gerade im Moment. Notranjska ist das größte zusammenhängende und unbesiedelte Waldgebiet in Zentraleuropa. Da ist es umso schöner, dass hier noch eine relativ intakte Natur samt Ökosystem vorhanden sein darf.

Wir schwanken zwischen der Hoffnung und dem Wunsch, einen wilden, freilebenden Bären hier in der Gegend mal einfach so zu sehen und der gleichzeitigen Sorge davor. So informieren wir uns auch, wie man sich zu verhalten hat, wenn man beim Wandern o.ä. auf einen Bären trifft – witzigste Info hierbei: „Kein Selfie mit dem Bären machen!“

Aber einem Bären einfach so unverhofft im Wald über den Weg zu stolpern ist dann wahrscheinlich doch noch etwas anderes, als ihn während einer geführten Tour im Glücksfall sichten zu können. Und das wollten wir sehr gerne einmal probieren! 🙂

Und so hatten wir gestern tatsächlich das Glück, auf diesem Wege für ein paar kurze kostbare Augenblicke einen Bären in natura zu erleben und zu beobachten:

Wir unternahmen eine organisierte Bear-Watching-Tour, angeboten in Kooperation mit einem örtlichen „Hunting Club“. Allerdings ist der Begriff „Hunter“ hier wohl mehr als „Wildhüter“ zu verstehen, bei dem die Jagd nur einen Teil der Arbeit ausmacht.

Und das verhältnismäßige große Vorkommen von Braunbären in Slowenien – eine der höchsten Populationsdichten in Europa – verschafft auch dem „Hunting Club“ ein gutes Einkommen. Ganz pragmatisch stellte unser Guide mehrfach fest, dass ein lebender Bär mehr Geld bringe als ein erlegter – um den lebenden Bären zu sehen kommen schließlich in der entsprechenden Saison bis zu vier Touristengruppen täglich und das Jahr für Jahr. Und somit sei das Geld, das der erlegte Bär bringen würde, innerhalb von 10 Abenden bereits eingeholt. Der erlegte Bär bringe nur ein einziges Mal Geld ein. Eine Philosophie, die erstaunen mag: Schließlich ist es diese, die überall auf der Welt die Wilderei eindämmen soll. So gilt dieses Prinzip offenbar ungebrochen, egal ob das jeweilige Land ein „wohlhabendes“ oder ein „ärmeres“ ist.

Wir unternahmen also gestern die Bärenbeobachtung. Nach einer kurzen Fahrt tiefer in den Wald hinein, war es nur ein kurzer Fußmarsch bis zur kleinen Beobachtungshütte unter einem Jägerturm.

Hier verabschiedete sich der Guide auch tatsächlich schon gleich und wir durften es uns für 3,5 Stunden allein gemütlich machen: Die Hütte hatte einige mit Plexiglas verkleidete kleine Fenster und darunter mit Tüchern verhangene Luken, durch die bei Tiersichtung die Kamera durchgeschoben werden darf, außerdem eine Sitzbank.

Die Fenster gingen auf eine kleine Waldlichtung hinaus, auf der ein hoher Futterapparat stand: Die Braunbären, die sich großteils vegetarisch ernähren, werden hier mit Mais u.ä. zugefüttert, sodass sie weniger in den Dörfern nach Gemüse und anderem Futter stöbern gehen.

So begann das Warten in möglichst absoluter Stille – uns war gesagt worden, dass Bären absolut geräusch- und geruchsempfindlich seien und nur kommen, wenn nichts auf menschliche Nähe hinweise.

Von Anfang an schwirrten etliche Eichelhäher und Tauben um den Futterplatz herum und pickten fleißig am Boden herum. Nach einiger Zeit sahen wir zwei junge Füchse, die einzeln über die Lichtung spazierten, sowie auch einen Marder.

Schon allein diese Tiere ungestört beobachten zu können, war für uns außergewöhnlich und schön, kennt man sie aus Deutschland doch fast nur überfahren am Straßenrand liegen oder als Schatten in der Dämmerung beim Vorbeifahren im Auto.

Und dann, als Chris zufällig auch gerade seine Kamera auf die Eichelhäher am Boden gerichtet hatte, tauchte ein Bärenkopf über den Büschen geradeaus hinter der Lichtung auf. Wie aus dem Nichts, ohne ein für uns hörbares Geräusch. Und nach kurzem Zögern und Wittern, trottete der Bär gemächlich über die Lichtung. Es war offensichtlich ein noch eher junges Tier, das leicht silbriges Fell hatte. Eine Schönheit und für uns ganz besonders kostbare Momente. Unser erster wildlebender Bär! 🙂

Abgerundet wurde der Abend schließlich noch mit einer Einladung unseres Guides, am Umtrunk mit seinen Kollegen, die parallel andere Touristengruppen geleitet hatten, teilzunehmen.

Auch das Campieren vor dem Gebäude des „Hunter Club“ und sogar die Benutzung des dortigen Badezimmers wurde uns gerne gestattet, sodass wir es danach bis „nach Hause ins Bett“ nicht weit hatten 🙂

 

Im nächsten Beitrag dürft ihr uns in die Hauptstadt Ljubljana und in den Osten Sloweniens folgen.

Wir freuen uns auf eure Begleitung!

Weltenleben.de Grüße von Sophia und Chris

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11 Kommentare

  1. Heidrun Schumitz

    Wow, wie wundervoll! Danke fürs Teilen!

  2. Sehr beeindruckend und tolle Fotos!

  3. Hallo ihr Beiden,
    vielen Dank für den beeindruckenden Bericht und die tollen Bilder. Weiter so und viel Spaß!
    Ganz liebe Grüße von daheim!

  4. Wow, das muss ein erhebender Moment gewesen sein, als der Bär unversehens auftauchte! =) Vielen Dank fürs Teilen euer Wildwalderlebnisse und die tollen Tierfotos!

    • Ja, das war kaum zu glauben! Hätten wir die Bilder nicht, würden wir wahrscheinlich selbst denken, dass da unsere Phantasie und Wunschkraft den Moment gezaubert haben 🙂
      So aber freuen wir uns umso mehr über die Möglichkeit des Mit-Teilens!

      • Cristina Bidilean

        Hallo Sophia und Chris,

        Ich wünsche euch ganz viel Spaß auf der Reise!

        Die Bilder sind beeindruckend, ihr habt die Chance so schöne Sachen zu erleben.

        Alle Achtung vor euch, euer Silvio ist sehr schön geworden, wahrscheinlich habt ihr sehr hart daran gearbeitet.

        Ich habe gehört und auf der Karte auch gesehen, dass Rumänien ansteht. Ich würde euch besonders Apuseni Gebirge empfehlen, insbesondere Vadu Crișului, das Dorf wo bis vor geraumer Zeit meine Oma gewohnt hat. Als 2.Tipp hätte ich Beliș und den See Fântânele empfohlen, da bin ich ca 2 Mal im Jahr bei meiner Tante.

        Viele liebe Grüße an euch beide,

        Cristina

        • Hallo Cristina,
          vielen Dank für deinen lieben Kommentar und die tollen Empfehlungen! 🙂 Wir sind schon sehr gespannt auf Rumänien und freuen uns über deine wertvollen Tipps! Wir werden berichten… 😉

          Liebe Grüße Sophia und Chris

  5. Ihr schreibt ja echt tolle Beiträge!
    Das liest sich fast so wie ein Buch 🙂
    Schön dass wir euch auf diese Weise bei eurer Reise begleiten dürfen.
    Ich wünsche euch noch viel Spaß und wir freuen uns auf die nächsten Beiträge!
    VG
    Flo Mimi und Sophia

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