Drum Bun – „Gute Reise“ Teil 1: Siebenbürgen und die Kirchenburgen

 

Rumänien – da sind wir nun also!

Wir waren sehr gespannt drauf und haben uns sehr darauf gefreut – schließlich haben wir von bisher keinem anderen Land so vieles gehört, vor allem soviel Gegensätzliches. Aber dass einige Reisende davon total begeistert sind, wussten wir schonmal und waren dementsprechend offen und neugierig auf das Land.

Es ist auch das erste Land unserer Reise, das eine eindrucksvolle Größe aufweist – so ist schonmal klar, dass wir noch genauer als in anderen Ländern überlegen und auswählen, wo wir hinfahren wollen und was wir alles sehen und erkunden möchten. Zumindest für dieses allererste Erkunden des Landes, denn wer weiß, ob unser Reiseweg uns nicht nochmal hier durchführen wird 🙂

Aber schön der Reihe nach 😉 :

Rumänien hält die allererste richtig erkennbare Grenze für uns bereit. Aber noch alles schön sanft zum Eingewöhnen – Personalausweis vorzeigen, Führerschein und Fahrzeugpapiere (wir sind ganz unvorbereitet überrascht davon und müssen kurz danach im Auto rumkruschteln) und ein kurzer Blick in unseren Wohnbereich (fährt vielleicht die Oma heimlich mit…oder ein Hunderudel? ;-)) – und schon dürfen wir weiterfahren.

Schon kurz nach der Grenze wird ein Unterschied zu Ungarn deutlich: Die ersten „Straßenhunde“ sind zu sehen und immer wieder Wanderschäfer mit kleineren Schaf- und Ziegenherden.

Wir fahren die ersten Kilometer einfach durch, denn wir freuen uns auf unsere erste Reiseverabredung: Günter und Christine, die Rumänien 4 Wochen lang mit ihrem Camper bereist haben, warten schon auf uns! Für die beiden der letzte Rumänientag, für uns der erste – eine spannende Mischung mit ganz viel Erzähl- und Empfehlungspotenzial, das wir voll ausnutzen!

So starten wir ganz fröhlich-gesellig und in gemütlicher Runde in dieses neue Land.

An dieser Stelle nochmal Danke an die beiden – für das schöne Beisammensein, eure wertvollen Tipps, euer Noch-mehr-Lustmachen auf Rumänien, den Reiseführer, die Einladung und und und 🙂

Nach ein paar weiteren Orientierungs- und Findungstagen, wieder zu zweit, an einem ruhigen Ort mitten im „Nirgendwo“, steht unser erster Rumänien-Entdeckungs-Plan fest: Quer durch Siebenbürgen soll es gehen mit stetem Kurs aufs Schwarze Meer! Wir verspüren nach einem oftmals turbulenten ersten Jahreshalbjahr und nun immerhin rund 2 Monaten aktivem Reiseleben ein nicht zu knappes Erholungs- und Abschaltbedürfnis. Gesammelte Eindrücke verarbeiten, etwas länger an einem Ort sein, „urlauben“… Wo könnte Entspannung besser gelingen als am Meer?! Und dies am besten noch bei Sommerwetter? (Das Leben darf ruhig auch mal ein Wunschkonzert sein 😉 ) Also nix wie los!

Die Fahrt ans Meer wollen wir aber dennoch genießen und nutzen, schließlich liegen gut 800 km vor uns. Und diese einfach so „runterzufahren“ widerspräche unserem Reise- und Lebensgefühl.

Trotzdem wird es eine für uns bislang ungewohnt geballte Zeit, reich an intensiven Eindrücken, viel aktiver Reisezeit und vielen Erlebnissen.

Denn Siebenbürgen, oder wie es auf rumänisch heißt, Transsilvanien, hat richtig viel zu bieten! (Ja, es heißt wirklich „Transsilvanien“. Als ein Mann in Ungarn uns ganz ernst fragte, ob wir dorthin wollen, arbeitete mein Hirn kurz und ich musste mir ein reflexhaftes Grinsen verkneifen – haha, Transsilvanien, der scherzt ja wohl…da wohnen ja die Vampire und Graf Dracula, aber das gibt es ja gar nicht in Echt…aber halt, stop – gibt es eben doch! Again what learned 😉 )

Eine Fülle an eindrucksvollen kulturellen Schätzen und Zeitgeschichte wartet hier auf uns.

Bevor wir darin eintauchen, beginnen wir die Route mit einem Naturwunder: Râpa Roșie, die „Rote Schlucht“. Als Schlucht würden wir die Felsformationen eher nicht bezeichnen, aber so oder so lohnt der Besuch bei Râpa Roșie wirklich sehr und wir dürfen einmal mehr staunen ob der Wunder der Erde.

Seht selbst und klickt euch durch diese und die untenstehenden Galerien für mehr Eindrücke:

 

Anschließend geht es für uns richtig rein nach Siebenbürgen – inklusive etwas reisen in die historische Vergangenheit der hier bis ins späte 20. Jahrhundert insgesamt ca. 800 Jahre lang gelebten Siebenbürger Sachsen, die ursprünglich aus dem Gebiet des heutigen Deutschlands stammten, und Siebenbürgen maßgeblich geprägt haben.

Wir starten mit der Ruine der Festung Deva im gleichnamigen Ort, welche über einen schönen Spaziergang durch den bewaldeten Burgberg erreichbar ist. Die Besichtigung der gut renovierten Burgruine ist sogar kostenfrei – und es gibt für eine „Ruine“ überraschend viel zu entdecken. Belohnt wird man zudem mit einem Blick über die Stadt und die Umgebung. Auch wenn die Zeit der Kanonengeschosse und Schwarzpulver hier der Vergangenheit angehört – Nervenkitzel gibt es trotzdem durch die jetzigen Bewohner der Burg: Europäische Hornottern…oder wie mehrfach Schilder verkünden: „Atentie! Vipere!“

 

Weiter geht’s durch das „Land der Siebenburgen“.

Vor allem die Kirchenburgen, die meist aus der Zeit um das 13./14. Jahrhundert herum stammen, faszinieren uns. Der dahintersteckende geschichtliche Hintergrund ist, dass die Dörfer die vom König auferlegte Pflicht hatten, für Befestigung zu sorgen. Die finanziellen Mittel des Dorfes waren aber nicht ausreichend, um alle Häuser von einer schützenden Mauer zu umgeben – so wurde diese nur um die bereits bestehende Kirche, die in jener Zeit den Dreh- und Angelpunkt des gottesfürchtigen Lebens bildeten, gezogen. Eine Burg entstand, in deren Mitte die Kirche trohnte, die oftmals auch um Schießscharten erweitert und deren Glockenturm gleichzeitig als Aussichts- und Späherposten umfunktioniert wurde. Diverse Kammern, in denen in Friedenszeiten Vorräte gelagert und in Belagerungszeiten die Dorfbewohner untergebracht wurden, ergänzten die Burg. Beeindruckend! Vor allem, da viele dieser Wehrkirchen auch heutzutage noch fast gänzlich zu besichtigen sind. So haben wir dieses Glück per Zufall gleich bei unserer ersten Kirchenburg Frauendorf, auf die wir ganz ungeplant im gleichnamigen Dorf stoßen: Bis zum Dachstuhl des Glockenturms dürfen wir ganz auf eigene Faust steigen, auf steilen Leitern und Stiegen, die vermutlich auch noch aus historischen Zeiten stammen. Und das ohne touristischen Trubel um uns herum.

 

Die Weiterreise führt uns zur Kirchenburg Biertan, die besonders schön durch ihr Gesamtbild ist. Wesentlich touristischer durch ihren UNESCO-Status geht es hier zu, dennoch ist der Eintrittspreis von umgerechnet 3 EUR pro Person weiterhin sehr „weltreisefreundlich“. Hier dürfen wir alleine aber vergleichsweise leider nicht so viel erkunden; Kirchenstuhl und Turmwehrgänge sind verschlossen.

 

Es geht nach Viscri, zu Deutsch „Deutsch-Weisskirch“. Auch die Kirchenburg hier sowie der Dorfkern gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Kirchenburg ist optisch wirklich ein Hingucker in Schwarz-Weiß und auch das gleichnamige Dorf ist eine Entdeckung wert: Bei sehr vielen Häusern im Dorfkern, die oftmals auch sehr schön restauriert sind, sind hausgemachte Produkte zu erwerben. Das halbe Dorf scheint ein kleiner Laden zu sein. Hier sind Holzofenbrot, Eingemachtes, Gartengemüse, gestrickte Wollsocken und Filzpantoffeln, Ziegen- und sogar Büffelkäse (branza de burduf) und vieles mehr zu bekommen. Wir decken uns mit quasi allen diesen genannten tollen Dingen ein, ziehen glücklich und erfüllt weiter, und verköstigen uns die nächsten Abende mit selbstbelegtem Bruschetta aus Brot, Tomaten und Büffelkäse von dort 🙂

 

Auch die Besichtigung unserer vierten und für uns letzten Kirchenburg Tartlau (ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe) im Dorf Prejmer wird ungeahnt spektakulär: Nicht nur, weil in dieser Burg richtig viele Haushalte unterkommen konnten und das ganze Konstrukt etwas wie das Spiel „Labyrinth der Meister“ anmutet, auch hier dürfen wir fast ganz allein und in aller Ruhe etliche Gänge, Räume und Stockwerke erkunden. Begleitet nur vom eigens dafür aufwendig erstellten Videoguide, der uns einzelne Stationen detailreich erklärt und veranschaulicht. Was für ein Erlebnis! Ein Dankeschön hier nochmal an Karin für die tolle Empfehlung 🙂

 

Schön, dass ihr mit uns die Kirchenburgen entdeckt habt – im nächsten Beitrag geht es durch die hübschen Dörfer und Städte Siebenbürgens!

Wir freuen uns auf eure Begleitung und bis dahin über eure Gedanken zu diesem Beitrag in den Kommentaren 🙂

La revedere – Sophia und Chris

 

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11 Kommentare

  1. Wie immer sind Eure Reiseberichte (ich habe auch den zu Ungarn erst heute gelesen) ein Genuss! Bei Eurem Bericht zur Rapa Roșie habe ich mich gefragt, ob ihr den Weg nach unten in die kleine “Schlucht” vielleicht gar nicht gefunden habt. Man geht dort ein paar Meter nach unten und steigt dann auf der anderen Seite wieder auf, um die Felsen ganz aus der Nähe zu erkunden.
    Freue mich schon auf den zweiten Teil!

    • Hallo Günter,
      das freut uns, dass du den Beitrag genossen hast!
      Bzgl. der Roten Felsen – wir sind durch eine Art tieferes schmales Flussbett hingelangt und haben dort verschiedenen Wege inkl. der “Piratenhöhle” erkundet. 🙂 Evtl. Haben wir aber die von dir beschriebene Abzweigung verpasst…
      Viele Grüße
      Chris und Sophia

  2. Heidrun Schumitz

    Ihr Lieben,
    eindrucksvoll, die Kirchenburgen, mit so schönen Bildern! Jetzt weiß ich endlich auch, woher der Name “Siebenbürgen” kommt;) Danke und ich bin gespannt auf Eure weiteren Rumänienerlebnisse!
    Liebe Grüße, Heidrun

    • Liebe Heidrun,
      wir freuen uns sehr über deine positive Rückmeldung!
      Das “Siebenbürgen” von den Sieben Burgen kommt, wussten wir bis dahin auch noch nicht 🙂 Tatsächlich gibt es auch das Siebenbürgische Wappen ab und an in Städten abgebildet, wo das auch nochmal bildlich verdeutlicht wird 🙂

      Wir freuen uns auf deine weitere Begleitung!
      Viele liebe Grüße
      Sophia und Chris

      • Heidrun Schumitz

        … Nachtrag: Das Dorf Viscri/Deutsch-Weisskirch scheint ja traditionell mit seinen handwerklichen Schätzen auf Touristen ausgerichtet zu sein. (Da wäre ich sicher auch mit einigem fündig geworden 😉 Woher wohl denn da die meisten kommen? …

        • Ja, der Verkauf der Schätze in Viscri dient sicherlich dazu, den Bewohner*innen etwas Zusatzeinkommen zu ermöglichen und den Ort so auch belebt zu erhalten. Soweit wir wissen, leben dort, wie auch im Rest Siebenbürgens, mittlerweile fast ausschließlich rumänische Leute. Deutsch sprechen konnte dort tatsächlich fast niemand mit uns 🙂

  3. Vielen Dank euch beiden mal wieder für euer detailreiches, ästhetisch sehr wertvolles und humorvolles Miterleben-Lassen! 😀 Schön, wie ihr uns jede Kirchenburg mitentdecken gelassen habt. Mir hat das hohe Gewölbe von Biertan und die Verschachtelung der mächtigen Bauten von Tartlau besonders gefallen. Und ich finde es toll, wie ihr immer wieder Fakten und Historisches mit einfließen lasst, sodass man nebenbei noch etwas lernen kann. 🙂 Alles Liebe
    PS: Ich weiß nicht, ob es technisch geht: Könntet ihr einstellen, dass eine Mailnachricht kommt, falls ihr einen Kommentar beantwortet? Das wäre ungemein praktisch.^^ Und Glückwunsch zu eurer neuen Willkommensseite! Mega schöner Text! Man fühlt sich richtig willkommen bei euch. 🙂

    • Hallo Leni! Das sind ja ganz tolle Rückmeldungen! 🙂 Bekommen wir gleich wieder Lust für den nächsten Beitrag in die Tasten zu hauen.
      Deine hilfreiche Anmerkung bezüglich der Benachrichtigung bei einer Antwort zum eigenen Kommentar haben wir gleich zum Anlass genommen
      uns zu informieren, ob dies irgendwie möglich ist. Ab sofort sollte man bei der Erstellung eines neuen Kommentars auswählen können, eine E-Mail bei Antwort auf das Kommentar zu bekommen. Gleich beim nächsten Mal ausprobieren 😉

      Liebe Grüße
      Sophia&Chris

  4. Liebe Sophia und Chris,
    danke für eure segensreichen Beiträge und somit den eigenen Horizont erweitern zu können.
    Die Kirchenburgen haben mich sehr beeindruckt…..
    Hier sind ja sehr viele Bettler aus Rumänien und man bekommt dadurch ein eindimensionales Bild und Phantasien von dem Land. So sind eure Beiträge hilfreich einen weiteren Blickwinkel zu bekommen und auch von den Schätzen dieses Landes zu erfahren.
    Habt ihr auf eurer Reise auch Kontakt zu der Bevölkerung?? Und bekommt das Leben in diesen Länder mit?? Wenn ja, würde mich auch sehr interessieren, wenn ihr davon schreibt. Ist mal so eine kleine Idee…..
    Alles Gute weiterhin auf eurer Reise und bleibt fidel und vor allem gesund.
    Alles Liebe
    Angelika

    • Liebe Angelika,
      vielen herzlichen Dank für die lieben Worte und deine Gedanken zu diesem Beitrag und Rumänien als Land. Es freut uns, dass wir dich dorthin etwas mitnehmen konnten!
      Bislang haben wir zur jeweiligen Landesbevölkerung meist kurzfristige und spontane Kontakte, wie z.B. beim Gemüsekauf an kleinen Strassenständen. Diese kurzen Kontakte sind immer eine Freude und ein Erlebnis 🙂 Für tiefergehende Bekanntschaften sind wir offen, aber suchen nicht danach. Hängt sicherlich auch mit unserer autarken Art des Reisens zusammen. Aber wer weiß, was sich noch ergibt – persönlich oder als eigene Kategorie auf unserem Blog 🙂

      Auch für dich alles Gute!
      Sophia und Chris

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