Wo die Schakale heulen…

Bulgarien – was wisst ihr über dieses Land? Welche Assoziationen kommen euch? Vermutlich nur sehr wenige, vielleicht politischer Natur oder dass es eine recht bekannte „Partymeile“ am Schwarzen Meer in Bulgarien gibt. Oder, dass Bulgarien das finanziell schwächste EU-Land ist.

Wir zumindest wussten quasi nichts über dieses Land. Niemand hatte uns je von Bulgarien vorgeschwärmt oder war überhaupt schonmal da gewesen. Von einem Land, von dem man nichts hört, gibt es ja wohl offenbar nichts zu berichten…ist bestimmt mehr als ausreichend, wenn wir in dieser Etappe 2 Wochen für den westlichen Teil und dann im nächsten Jahr evtl. noch 2 Wochen für den östlichen Teil einplanen…dachten wir vor Einreise.

Aber Pustekuchen!

Bulgarien verzaubert uns dermaßen, dass wir gleich auf Anhieb sage und schreibe 9 Wochen dortbleiben! Und in dieser Zeit trotzdem „nur“ einmal die geographische Mitte von Nord nach Süd runter tuckern und westliche Teile des Landes erkunden. Trotz sehr aktivem Reisen – wir haben in dieser Zeit in Summe 40 Stellplätze und ziehen somit meist nach nur einer Nacht weiter, legen aber in Summe nur eine Gesamtstrecke von gut 1500 km im Land zurück.

Bulgarien bedeutet nun für uns – Natur, Natur, Natur, Berglandschaften und Bergpanoramen, soweit das Auge reicht, sehr offene, freundliche Menschen und leckeres Essen.

Die Natur ist augenscheinlich relativ unberührt und ursprünglich. Es gibt 4 Bergmassive im Land, die sich quasi mehr oder weniger durch den ganzen Westen ziehen und hierin bis zu 3000er Gipfeln. Wir erkunden drei dieser Berglandschaften und entdecken riesige Buchenwälder im Zentralen Balkangebirge, ewige Fichtenwälder in den Rhodopen und Berge voller Kiefernwälder im Pirin. Es sind Urwälder…gerade die Nadelbäume sind oftmals so dick und hoch, wie wir es davor noch nie gesehen haben. Forstwälder in Reih und Glied sucht man in diesen Gegenden zum Glück vergeblich. Es sind Naturbergwälder, in denen umgefallene Bäume liegenbleiben und wichtigen Lebensraum im Naturkreislauf bieten dürfen. Es sind Wälder, in denen es tatsächlich auch noch Bären und Wölfe gibt. Endlich einmal sehen wir in den Rhodopen wieder die Abdrücke von Bärentatzen im Schlamm – unverkennbar und eine demütig machende Gänsehaut erzeugend.

 

Wie mächtig wohl dieser Braunbär gewesen sein muss?

 

Abdrücke der Bären-Tatzen, bei der Größe selbst in der Pfütze sehr gut zu erkennen!

Und gleich zu Anfang, es ist Mitte Oktober, erleben wir ein wirklich magisches Naturspektakel:

Wir stehen in der Donauebene, im Naturpark Rusenski Lom, am Ende der Straße, von Wald umgeben. Vorhin hatten wir die eindrucksvolle Felsenkirche von Iwanowo besichtigt, die über 600 Jahre alt ist und bei der noch die wunderschönen Deckenmalereien zum Großteil erhalten sind.

Im Anschluss machten wir einen schönen Spaziergang auf der anderen Flussseite, die recht wild und ursprünglich erscheint – auch hier gab es mehrere Felsenkirchen, die alle gemeinsam ein Kloster bildeten, nun können sie jedoch seit einigen Jahren leider nicht mehr besichtigt werden.

Riesige Kalksteinfelsen ziehen sich durch diese Gegenden, mit einem Fluss in der Mitte, der im Laufe der Jahrmillionen eine Art sehr breite Schlucht gebildet hat und so diese Landschaft vor der ansonsten umliegenden Landwirtschaft der Donauebene bewahrt hat.

Schon beim Spaziergang entdeckten wir einen etwa hundegroßen Pfotenabdruck im Schlamm und rätselten, von welchem Tier dieser stammen könnte. Frei lebende Hunde hatten wir nämlich noch keine gesehen, diese sind, anders als in Rumänien, in Bulgarien viel seltener anzutreffen.

Wir sind gerade wieder in Autonähe, als wir sie hören – lang gezogene, animalische Laute, teils Heulen, teils Kreischen, teils Jubeln. Wir sind total aus dem Häuschen, begeistert, ungläubig, halten den Atem an, kriegen Gänsehaut, genießen jede der insgesamt ca. 90 Sekunden und denken: „Wölfe!“. Aber nein, einige Zeit später dürfen wir lernen, dass sich so Schakale anhören! 🙂 Auch in der Nacht hören wir dieses Heulen immer wieder und auch noch an anderen Stellplätzen rund um den Naturpark. Wir schätzen uns sehr glücklich, dass wir auf diese ursprüngliche Weise in Bulgarien willkommen geheißen werden.

Dies ist sicherlich auch der Nachsaison zu verdanken, die nun definitiv eingeläutet wurde – die meisten Sehenswürdigkeiten haben nur noch bis Ende Oktober offen und es ist touristisch kaum was los. Deutsche Reisende sehen wir nur ein einziges Mal und auch nur zweimal Langzeitreisende anderer Nationalität. Ansonsten sind wir für uns in dieser unfassbar schönen, bunten, leuchtenden Herbstnatur.

Es gibt in der Gegend rund um Rusenski Lom auch noch andere Natur- und Kulturwunder zu entdecken: Zum einen die Orlova-Chuka-Höhle, in der erstaunliche Felsauswaschungen neben Tropfsteinformationen zu finden sind und durch die uns ein sehr herzlicher Führer mit Gesangseinlagen geleitet. Und zum anderen das Felsenkloster St. Basarbovski aus dem 12. Jahrhundert und die Ruinen der Festungsstadt Cherven, die ca. im Jahre 600 n.Chr. erbaut wurde und ungefähr 1000 Jahre bewohnt lang war.

 

In dieser Galerie könnt ihr euch gemütlich durch die beschriebenen Eindrücke klicken:

 

 

Wir fahren nach dieser naturreichen Woche – übrigens auch die erste Regenwoche überhaupt in unserer bisherigen Reise! – durch kleinere und größere Städtchen in Richtung Zentralem Balkangebirge.

Und gönnen uns hierbei einige Café-Besuche samt leckerem Kuchen- und Tortengeschlemme. Hierbei stellen wir fest, dass wir dafür nur ca. ein Drittel bis die Hälfte des Geldes hinlegen müssen, im Vergleich zu den Preisen in der Heimat. Wunderbar für solche Naschkatzen wie uns!

 

Wir lassen es uns immer mal wieder richtig gut gehen 🙂

 

Auch das Einkaufen ist in Bulgarien von Anfang an ein Erlebnis für uns – dank kyrillischer Schrift können wir zu Anfang nichts entziffern. Da bleibt nur, mit den Augen die Auslagen zu erkunden – und die freuen sich sehr über sogar schon exotischere Lebensmittel wie Tahin in verschiedenen Variationen, sehr vielfältige Gemüseauslagen vor den Läden locken herein und sogar abgepackte Kuchen, Torten und Kekse sind en masse zu finden. „Die wissen einfach, wie man isst!“ wurde bald zum geflügelten Satz bei uns 🙂

Da wir meist in sehr ländlichen Gebieten unterwegs sind, entdecken wir schnell, dass trotz alledem die Versorgungslage super ist – fast jeder kleine Ort hat einen kleinen Supermarkt, auf dem auf vergleichsweise winzigem Platz alles, was man so braucht, zu finden ist. Die Ladenbesitzer*innen und die andere Kundschaft sind immer äußerst hilfsbereit, aufmerksam und bemüht – so kommen wir trotz unserer Sprachbarrieren zu allem, wonach uns gerade gelüstet und haben beim Einkaufen auch schöne kurze Kontakte mit den Leuten vor Ort.

 

 

Darüber hinaus entdecken wir Weiteres der bulgarischen Kultur – einmal die, für unsere Ohren, orientalisch klingende Musik, die auf Lokalsendern läuft und die durchaus Stimmung macht. Dann die wunderhübschen Steinhäuser mit ihren Steindächern; die traditionelle Bauweise in ganz Bulgarien.

Und außerdem stoßen wir auch bald auf die landesübliche Art, den Verstorbenen zu gedenken und deren Verscheiden kundzutun: DIN A 4-große Plakate mit je einem Porträtfoto drauf, Name, Alter, Todesdatum und Textzeilen. Diese Plakate hängen überall in Ortschaften – an den Haustüren, wo die entsprechende Bewohner*in verstorben ist, hierbei oft begleitet von einer großen schwarzen Schleife aus Stoff oder Papier, an Strommasten, Bushaltestellen und sogar an Bäumen. Eine ganz andere Art mit Trauer und dem Tod umzugehen als in der Heimat…und eine für uns positive Art.

 

Klickt durch die folgenden Galerie, um Eindrücke von den bulgarischen Städten zu entdecken:

 

 

Ab der Stadt Veliko Tarnovo geht es dann den sogenannten „Weg der Sonne“ entlang durch die Region des Zentralen Balkangebirges, wo wir auch die Grenzen des dortigen Nationalparks streifen. Wir dürfen die prächtigen Buchenwald-Berge hier bestaunen und können uns kaum sattsehen. Einen besonders tollen Rundumblick erleben wir vom Trojan-Monument, der auf einem Berg am gleichnamigen Pass steht. Hier erspähen wir den ersten Schnee auf den höher gelegenen Bergen und befinden uns selbst schon kurzzeitig oberhalb der Baumgrenze. Auch auf dieser Höhe von gut 1500 Metern hat es tagsüber nur noch 3 Grad – Zeit für die Winterjacken!

Es sind strahlend-schöne Herbsttage und die Sonne leuchtet mit dem goldenen Buchenlaub um die Wette. Nur die Temperaturen sinken stetig, vor allem natürlich nachts. Tagsüber packen wir uns warm ein und sind immer draußen, abends geht es in unser Mobiles Zuhause, Heizung an bis zum Schlafen gehen…und erwachen morgens bei zunehmenden kühlen Temperaturen im „Schlafzimmer“. Wie erstaunlich, dass unsere Körper sich offenbar auch daran gut gewöhnen. Erst fühlen sich 15 Grad morgens im Wohnraum kalt an…irgendwann sind es nur noch die Hälfte davon 😉

Dank zuverlässiger bullernder Heizung genießen wir unser Frühstück, sofern wir drinnen essen, dann schnell wieder im Warmen und freuen uns danach auch umso mehr über das warme Wasser, das durch unserer Konstruktion über die durch den Boiler strömende Heizluft erwärmt wurde.

 

In der folgenden Galerie seht ihr die Landschaften des Zentralen Balkangebirges:

 

 

Im nächsten Beitrag über unsere restliche Bulgarienzeit lernt ihr mit uns jemand ganz Besonderen kennen und dürft euch mitnehmen lassen durch die Berglandschaften der Rhodopen und des Pirin.

Während der „staden Zeit“ war es auch hier auf weltenleben.de ruhiger – die nächsten Beiträge wird es wieder in kürzeren Abständen geben. Um direkt über neue Beiträge – und auch nur dann! 😉 – informiert zu werden, könnt ihr euch ganz einfach in unseren E-Mailverteiler eintragen (in der Desktop-Version auf der linken Spalte, auf mobilen Geräten unterhalb der Beiträge).

Wir freuen uns über alle regelmäßigen Begleitungen! 🙂

Für das neue Jahr wünschen wir euch viel Freude, Gelassenheit, Gesundheit und schöne lebensbereichernde Momente.

 

Dovizhdane

Sophia und Chris

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6 Kommentare

  1. Liebe Sophia, lieber Christian,
    ich hatte schon auf diesen neuen Bericht von Euch länger gewartet und gehofft und nun ist er da ! Vielen Dank für Eure für mich höchst spannende, interessante und detailreiche Reiseerzählung mit so wundervollen, bezaubernden Eindrücken und Bildern der Gebirgs- und Naturwelten Bulgariens – von diesem bisher auch für mich weißen Fleck Osteuropas auf der Landkarte !!
    Ich wünsche Euch beiden, dass Ihr in dieser sicher auch für Euch ziemlich “arschkalten” Jahres- und Reisezeit – ausser dank Eurer zum Glück bei Bedarf zuverlässig “bullernden Heizung” dank Old Eberspächer – auch weiterhin im Herzen das Feuer Eurer Entdecker*innen- und Abenteuer*innen-Leidenschaft&Freude gut hütet und freue mich schon darauf, seinen Fackelschein auch hier in Euren Blog-Beiträgen baldmöglich wieder aufleuchten zu sehen ! Mögen die guten Geister von Schakalen, Bären und anderen Naturheiligkeiten weiter mit Euch sein !

    • Lieber Christoph,
      oh, was für ein toller Kommentar! 🙂 Vielen lieben Dank dafür!

      In Bulgarien wurde es tatsächlich noch “arschkalt” außerhalb unseres Mobilen Zuhauses – mehr dazu berichten wir gern bald im nächsten Beitrag!
      Im Silvio selber zahlt sich die Qualität der Heizung aus und wir haben es so immer schön heimelig warm – dank deiner Unterstützung! 🙂

      Dir wohlig-warme Kaminfeuer-Winterabende und herzliche Grüße von Fackelschein zu Feuerschein!
      Sophia und Chris

    • Heidrun Schumitz

      Ihr beiden Lieben, die farbenfrohen Eindrücke leuchten direkt ins Herz, danke wieder 💕 einmal für’s Teilen!
      😃😍
      Heidrun

  2. Oh wie schöööön!!! 🙂 Vielen herzlichen Dank für diesen leuchtend-frohen Beitrag, sehr wohltuend zu lesen (trotz meiner “Lese-Verzögerung” – ich hebe mir den Lesegenuss oft als “Muße-Schmankerl” auf – hat super funktioniert =)). Von Schakal- und Bärentatzen über Kuchen, Fachwerk-Dorfflair und kyrillisch raten, bis zu den fantastischen Felskirchen- und Naturaufnahmen – ein großer Genuss! Und Jakobs und mein Bergherz schlagen natürlich wie wild mit!
    Alles Liebe und eine gesunde, frohe und sichere Weiterreise wünschen euch Leni und Jakob

    • Liebe Leni, lieber Jakob,
      das freut uns sehr zu hören – genauso stellen wir uns es gerne vor, dass unsere Beiträge ein “Muße-Schmankerl” für unsere Leser*innen sind 🙂
      Vielen Dank für eure tolle Rückmeldung!

      Liebe Grüße an eure Bergherzen – Chris und Sophia

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