Mit Sommersonne im Gepäck durch den Westen Armeniens

 

Die sommerliche Hitze des Julis hat die üppigen Blumenwiesen im Süden Armeniens schon lange zu goldener Steppenlandschaft umgewandelt. Fast nur noch um Wohnsiedlungen herum, die sich oftmals in Flusssenken befinden, gibt es noch frisches Grün. Und folgende zwei landestypische Besonderheiten, die wir mit Dir teilen wollen 😉

 

Sonnenverbrannte goldbraune Steppe, grüne Flussbänder…und alte Autogerippe, die mal eine, mal keine offensichtliche Funktion erfüllen. So trifft man es häufiger in Armenien an 😉

 

Getrockneter Kuhdung in geometrischen Formen ist allerorts anzutreffen. Sicher dient er als Brennmaterial in diesem waldarmen Land.

 

Nach dem südöstlichsten Punkt unserer Reise, dem Kloster Tatev, geht es für uns das erste Mal Richtung Nordwesten. Drei Wochen von insgesamt genau 2 Monaten werden wir noch in diesem wunderbaren Land bleiben.

Wir steuern die archäologische Stätte Zorats Karer an, oder wie sie auch genannt wird, Carahunge (arm.: „Steinsammlung“). Dies ist ein Gräberfeld aus der Bronzezeit mit Überresten einer antiken Siedlung. Besonders markant sind hier die circa 223 aufragenden, tonnenschweren Felskolosse, die teils auch kreisförmig um eine zentrale Grabkammer angeordnet sind. Einige von ihnen haben ein menschengemachtes Loch an der Spitze, welches evtl. zur Beförderung der Steine zu ihrem geplanten Aufstellplatz mit Seilen vonnöten war. Allerdings gibt es auch die These, dass die Steine mit Löchern planmäßig so ausgerichtet worden waren, dass die Stätte als prähistorische Sonnen- und Mondbeobachtung und somit auch (Ge-)Zeitenplanung diente. So oder so, es ist wieder mal spannend für uns, uns bewusst auf so altem Kulturgelände zu bewegen.

Für ein paar Eindrücke klickt auf die Galerie:

 

 

Danach steuern wir eins der offiziellen Highlights Armeniens an. Dieses ist, wie so oft in diesem christlichen Land, ein altes Kloster. Übrigens heißt es, dass Armenien sich als allererstes vollständiges Land überhaupt zum Christentum bekannte!

Das bekannte Kloster Chor Virap stammt aus dem 17. Jahrhundert n.Chr. Und ist auch vor allem für seine Lage berühmt: In Sichtweite des Klosters thront der 5.137m hohe Berg Ararat, für die Armenier heilig und auch biblisch bedeutsam, da die Arche Noah hier nach der Sintflut gestrandet sein soll. Auch wird er als Nationalsymbol Armeniens angesehen. Traurige Ironie des Ganzen ist nur, dass er schon seit geraumer Zeit auf türkischem Staatsgebiet, und somit, spätestens seit dem Völkermord an den Armeniern seitens des Osmanischen Reichs im Jahr 1915, im „Feindesland“ liegt. In jedem Fall ist der Anblick des riesigen Berges spektakulär, auf dem auch nun mitten im Hochsommer noch ordentlich Schnee liegt. Und von einem bestimmten Punkt auf der Fahrt zum Kloster aus gesehen thront der Berg genau hinter diesem und bildet die perfekte Kulisse.

Wir verbringen eine Nacht mit schönem Blick in der Gegend und statten am nächsten Tag dem Kloster einen Kurzbesuch ab. Hier ist ordentlich Trubel, busladungsweise werden Touristen angekarrt – so geballt wie hier haben wir dies in Armenien noch nie erlebt – und wir stellen mal wieder fest, dass manche Sehenswürdigkeiten aus der Ferne eindrucksvoller wirken als aus der Nähe 😉

Ein Klick öffnet die folgende Galerie:

 

 

Gleich danach dürfen wir sogar wieder armenische Gastfreundschaft genießen, und dies im ganz privaten Rahmen. Am Stellplatz des Vorabends, neben ein paar Aprikosenbäumen, sprach uns ein älterer Mann an. Die Kommunikation erfolgte wie so oft mit Händen und Füßen, wir können leider nur mit ein paar ganz wenigen Brocken Russisch aufwarten, welches neben Armenisch jeder Erwachsene im Land fließend zu sprechen scheint. Aber unmissverständlich ist seine Einladung zu ihm nach Hause auf einen Kaffee. Wow – würden wir dies selbst auch Ausländern, Touristen anbieten? Würdest Du es tun? Diese Offenheit, Herzlichkeit und Großzügigkeit macht uns ein weiteres Mal sprachlos, dankbar und demütig. Wir nehmen nun tatsächlich das erste Mal eine Einladung ins private Heim eines freundlichen Menschen an und folgen ein bisschen aufgeregt seiner Anweisung bis zu seiner Haus- und Hoftür.

Die Tür geht auf und seine Ehefrau und drei Enkel, alles Jungs im Kinder- und Teeniealter, begrüßen uns. Die Behausung ist, nach deutschen Standards betrachtet, einfach, aber es ist alles da, was es braucht. Sogar eine Toilette mit Wasserspülung gibt es – in Georgien und Armenien ist nämlich in ländlichen Gebieten ein Plumpsklo im Garten noch oft zu sehen! Eine Frau in Sophias Alter huscht etwas scheu umher und serviert bald Kuchen und Kaffee. Das Dienstmädchen…? Ach nein, die Schwiegertochter… 😉 Hier, wie auch offenkundig im restlichen Land, herrschen noch patriarchalische Familienverhältnisse und diese Frau steht als weibliche jüngste Familienanwesende eindeutig in der Pflicht zu bewirten, während es sich ihre Söhne gemütlich machen dürfen.

Wir dürfen schweigen, genießen und ganz viel nicken und staunen – denn uns wird stolz ein Fotobildband auf den Schoß gelegt mit schönen Fotografien des Umlands aus den 80ern/90ern Jahren; sogar der Hausherr ist als junger Mann in seinem Beruf als Hirte zu sehen! Und noch stolzer wird uns das Familienalbum vorgelegt und alle Personen darin werden namentlich und in ihren Verwandtschaftsverhältnissen benannt. Der jüngste Enkel, er ist ca. 11 Jahre alt, lernt sogar in der Schule Englisch und liest unter Applaus die Beschreibungen deutscher Partneruniversitäten vor. Kurzum: Es sind Stunden voller persönlicher Einblicke in das Leben dieser, und evtl. stellvertretend auch anderer Familien in Armenien. Und wir verabschieden uns schließlich dankbar für diesen Einblick und die erfahrene Gastfreundschaft und nehmen eine weitere ganz besondere Erinnerung mit.

 

Danke 🙂

 

Im Anschluss fahren wir noch ein Stück bis zur Hauptstadt Jerewan. Die Sommerhitze und unschöne Stadtbegegnungen treiben uns allerdings schon nach einer Nacht wieder hinaus aus dem Trubel. Nach all der Ruhe und Natur, die wir in den letzten Wochen genießen durften, fühlen wir uns hier unter mehr als 1 Million Menschen und inmitten von Verkehr und Häuserblocks nicht allzu wohl. Neben einigen mehr oder weniger prachtvollen Bauwerken, und auch hier wieder der Silhouette des Ararats im Stadthintergrund, gibt es auch einige neue Nasen zu bestaunen – und dies ganz wörtlich, offenbar sind hier gerade Schönheitsoperationen in diesem Bereich in Mode und viele junge Mädchen laufen mit großem Pflaster auf ihren neuen Nasen herum! 😉

Kommt kurz mit in die Stadt in dieser Galerie:

 

 

Viel schöner ist für uns die Entdeckung der „Symphony of Stones“ und des „Tempels von Garni“ nicht allzu weit entfernt. Die „Symphony of Stones“ sind ein Naturwunder, hunderte Säulen dicht an dicht, geformt aus Basaltgestein. Teilweise sind schon Schichten abgebrochen und dies von unten nach oben weg, sodass die Säulen teils in der Luft zu schweben scheinen. Unzählige Schwalbennester werden hier fleißig bebrütet, durch ihre Höhenlage geschützt vor Menschenhänden.

 

Tausende Steinstelen bilden an verschiedenen Stellen optisch reizvolle Höhlenformationen.

 

It’s magic! 🙂

 

Der Tempel von Garni wiederum ist auch gut touristisch besucht. Trotzdem gibt es auf dem recht großen Gelände noch recht ruhige Ecken, die wir mit Muße erkunden.

Komm mit einem Klick mit:

 

 

Auf unserer Weiterreise Richtung Norden suchen wir uns noch ein paar historische Stopps heraus.

Die zwei besonders spannenden findet ihr in der folgenden Galerie:

 

 

Aber unser letztes armenisches Highlight bietet uns mit Überraschungsfaktor mal wieder die Natur selbst: An einem Stellplatz mitten im „Nirgendwo“ haben wir das riesige Glück, über 70 Störche auf ihrer Rast und ihrem Weiterflug in Richtung Süden zu beobachten! Ab der Mitte des Landes häuften sich schon die Storchennester, in fast allen gab es Nachwuchs. Und auch hier, bei diesem Schauspiel, können wir die Jungvögel mit ihrem leicht gräulichem Gefieder noch etwas von den Altvögeln unterscheiden. Ungefähr 20 Minuten lang beobachten wir sie erst beim Trinken und Waten in einem der letzten Tümpel der Gegend, dann fliegen sie nach und nach los und schrauben sich schließlich kreisförmig genau über unseren Köpfen in die Lüfte, bis sie schließlich über den nächsten Hügel davon ziehen. Was für ein Geschenk, hierbei beobachten zu dürfen!

 

Abflug für einen Teil der Störche.

 

Immer höher tragen die Flügelschläge – teils direkt über unseren Köpfen.

 

…bis diese majestätisch großen Tiere nur noch kleine Punkte am Horizont darstellen.

 

Zwei letzte Stationen steuern wir noch an: Erstmal die Stadt Gjumri, die mit nur ca. 180.000 Einwohnern schon die zweitgrößte Stadt Armeniens ist. Die Sehenswürdigkeiten sind schnell zu Fuß und Rad angesteuert und nach ein paar landestypischen kulinarischen Entdeckungen und einer Nacht vor Ort folgen wir wieder dem Ruf gen Norden.

Klickt auf die Galerie für einen kleinen Eindruck:

 

 

Letzter Halt ist schließlich der Nationalpark Arpisee. Diesen Stopp hatten wir schon bei Einreise Anfang Juni im Blick und nun, ziemlich genau Anfang August, sind wir hier. Waren wir in Jerewan auf „nur“ ca. 1.000 Metern Höhe, sind wir hier schon wieder auf 2.000 Höhenmetern! Und erneut dürfen wir staunen, stehen hier doch riesige Pappeln und andere Laubbäume in voller Größe da und spenden uns Schatten. Von der „Baumgrenze auf 1.500 Metern Höhe“ in unseren heimischen Breitengraden wissen sie offenbar nichts. 😉 Hier finden wir auch wieder Blumenwiesen und Schmetterlinge sowie Bienen fahren ihre Ernte ein. Ein paar Tage bleiben wir hier an zwei verschiedenen Stellplätzen, genießen die Ruhe und den Frieden, lassen Eindrücke sacken und unsere bisherige Reise ein bisschen Revue passieren.

Ein Klick öffnet die Galerie:

 

 

Gleichzeitig sammeln wir neue Kraft und Energie für die Route zurück, die eine Art Heimreise wird, wollen wir doch in der Heimat einen kurzen Stopp einlegen, bevor es in unser „Winterquartier“ gehen wird: Wir freuen uns schon auf Marokko! 🙂

Es hat 11 Monate und fast 12.000 Kilometer gedauert, bis wir in Armenien ankamen.

Den Weg zurück wollen wir in nur 2 Monaten schaffen. Immer die Schwarzmeerküste entlang, erst durch die Türkei – allein dies sind über 2.000 Kilometer –, dann durch Bulgarien und schließlich in direkter Linie nach Bayern. In Summe sind es 4.320 Kilometer, die vor uns liegen. Es wird eine sehr intensive Zeit und die anschließenden Heimatwochen stehen dem in Nichts nach.

Mit der Freude im Gepäck, die Reise fortsetzen zu können, treffen wir schließlich im Dezember in Marokko ein!

Mach Dich bereit für einen Zeit- und Ländersprung!

Wir freuen uns auf ein literarisches Wiedersehen mit Dir, liebe Leserin, lieber Leser, in Marokko! 🙂

 

Bis dahin allzeit gute Fahrt – die Weltenlebenden Chris und Sophia

 

P.S. Die meisten unserer Beiträge gibt es zwischenzeitlich auch in englischer Sprache – für unsere Reisebekanntschaften und auch gerne für Deine Freunde rund um den Globus! 🙂 Wir freuen uns über jeden einzelnen Besucher! Für die englischsprachige Ansicht, klicke auf folgenden Link: weltenleben.de/en/english/

 

 

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4 Kommentare

  1. Liebe Weltenlebenden, ein wundervoller Beitrag, andermal ein herzliches Dankeschön! Mir sind die tollen satten Farben aufgefallen, z.B. von den Bergen und Steinen, den Klöstern in Rottönen, dem Markt, den Störchen (welch ein Wunder!:)) und zuletzt dem Sonnenuntergangsbild! Einfach wunderschön! Und dazu euer wunderbarer Text der einen miteintauchen lässt in eure Geschichte und auch die Geschichte des Landes.

    Alles Gute für euch und bis zum Weiterlesen!:) Eure Leni

    • Liebe Leni,
      wieder so eine schöne Rückmeldung von dir, das freut uns immer riesig! Und spannend, dass dir auch so spezielle Aspekte unserer Wort- und in dem Fall v.a. Bilderzählungen auffallen beim Miteintauchen und Mitreisen:-)
      Wir freuen uns bald, das nächste Kapitel aufzuschlagen und dann wieder von dir zu hören!

      Viele liebe Grüße
      Chris und Sophia

  2. Heidrun Schumitz

    Ihr Lieben, wiedermal ein großes herzliches Danke fürs Teilen Eurer Reiseerlebnisse, in die Ihr uns so anschaulich und miterlebbar mitnehmt! Und wieder tragen diese zu meiner Erbauung und last not least Bildung bei. Insbesonders freue ich mich über den Anblick des Berges Ararat, ist auch sehr interessant, dass er immer noch als Wahrzeichen Armeniens gilt, obgleich er seit geraumer Zeit der Türkei angehört.
    So ein karges Land mit so interessanter Geschichte, so freundlichen Menschen und vielen Störchen, das ist schön zu hören.
    Alles Liebe, Heidrun

    • Liebe Heidrun,
      vielen Dank für deine Gedanken!
      Uns haben die drei Armenienbeiträge auch besonders Spaß gemacht, das Zurückreisen und sich erinnern bei so viel Schönem ist ganz besonders!

      Sonnige Grüße!

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